Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.
Grundsätzlich bleibt die Schenkung jedoch dann unberücksichtigt, wenn seit der Leistung 10 Jahre verstrichen sind. Innerhalb dieser 10 Jahre findet eine Abschmelzungsklausel Anwendung, d.h. dass die Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang berücksichtigt wird und innerhalb eines jeden weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt wird.
Eine Ausnahme bestand bislang, wenn sich der Schenkende einen Nießbrauch vorbehalten hat. Die 10 Jahres Frist begann demnach nicht zu laufen. Anders gestaltete sich dies jedoch bei einem Wohnungsrecht. Hierbei wurde bislang grundsätzlich der Beginn der Frist bejaht.
Mit Urteil vom 08.07.2022 hat das OLG München nun geurteilt, dass im Einzelfall auch ein eingeräumtes Wohnrecht den Beginn der Abschmelzungsfrist hemmen kann. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Wohnrecht an allen relevanten Räumen des verschenkten Hauses besteht. Nach Ansicht des OLG München besteht nämlich dann kein nennenswerter Unterschied mehr zum Nießbrauch.
Zollner Rechtsberatung prüft für Sie gerne ob auch bei Ihnen ein Einzelfall vorliegt, bei dem ein eingeräumtes Wohnrecht den Beginn der Abschmelzungsklausel hemmt.