Erbrecht

Plötzlich Erbe

Christiane Zollner

Plötzlich Erbe zu sein ist immer eine zwiespältige Sache. Betroffen vom Verlust eines Angehörigen sieht man sich plötzlich Entscheidungen gegenüber, die relativ schnell getroffen werden müssen. Als Erbe – entweder aufgrund Testament/ Erbvertrag oder aufgrund gesetzlicher Erbfolge- muss man sich erst einmal einen Überblick über den Umfang der Erbschaft verschaffen. Hierzu gehören nicht nur die positiven Vermögenswerte, sondern auch Schulden, die der Erblasser hinterlassen hat sowie die Verbindlichkeiten, die anlässlich des Todes des Erblassers entstanden sind, wie z.B. Beerdigungskosten, Kosten der Trauerfeier etc. Wenn nämlich der Erbe die Erbschaft uneingeschränkt annimmt, haftet er auch uneingeschränkt für die Verbindlichkeiten des Erblassers. Ergibt die Gegenüberstellung, dass mehr Verbindlichkeiten als Vermögenswerte da sind, so hat der Erbe 2 Möglichkeiten:

1. Er kann das Erbe umfassend ausschlagen

oder

2. Er beschränkt die Haftung für die Verbindlichkeiten auf den Nachlass.

Die Erklärung muss jeweils gegenüber dem Nachlassgericht abgegeben werden. Zuständiges Nachlassgericht ist das Gericht, an dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.
Für die Abgabe der Erklärung gilt eine Frist von 6 Wochen, beginnend ab dem Zeitpunkt, zu dem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund seiner Berufung erfährt. Wie der Erbe von seiner Erbschaft erfährt, ist unbedeutend; es kommt nur auf die tatsächliche Kenntnisnahme an. Wenn der Erbe aufgrund Testament oder Erbvertrags Erbe wird, dann beginnt der Zeitpunkt der Kenntnisnahme nicht vor Eröffnung des Testaments oder Erbvertrags durch das Nachlassgericht. Wird der Erbe erst dadurch Erbe , weil ein vorgehender Erbe das Erbe ausschlägt, dann ist dieser Zeitpunkt maßgeblich.
Lässt sich noch nicht genau abschätzen, ob das Vermögen die Verbindlichkeiten überwiegt, dann kann der Erbe beschließen, anstelle der Erbschaftsausschlagung die Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Hierfür gibt es 2 Möglichkeiten:

a) Anordnung der Nachlassverwaltung

oder

b) Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

Notwendig hierzu ist ein Antrag des Erbens beim Nachlassgericht. Dieses prüft, ob der Nachlass zumindest die Kosten der laufenden Verwaltung und der Verwalterbestellung deckt. Ist dies nicht der Fall, dann muss der Erbe zur Vermeidung der unbeschränkten Haftung innerhalb der Ausschlagungsfrist Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahren stellen.
Wenn minderjährige Kinder Erben sein sollten, können Erbausschlagung und Antrag auf Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz nur durch den gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Hier muss beachtet werden, dass für die Ausschlagung der Erbschaft durch den gesetzlichen Vertreter in der Regel die Genehmigung des Vormundschafts- oder Familiengerichts erforderlich ist.

Rechtzeitige anwaltliche Beratung hilft Ihnen bei der Entscheidung, welche Vorgehensweise im jeweiligen Fall am besten ist. Zollner Rechtsberatung unterstützt Sie dabei gerne.